Comic in Ägypten

[Hadiyati]

Wie blanke Busen und korrupte Beamte die Freiheit gefährden
Von Michèle Binswanger. Aktualisiert am 15.04.2009

In Ägypten steht ein Comiczeichner vor Gericht, weil er den ersten Comicroman in arabischer Sprache geschrieben hat – samt entblösster Brüste und korrupter Beamter. Ihm drohen zwei Jahre Gefängnis.

Ausschnitte aus dem verbotenen Comic «Metro».

Im April 2008 erschien in Ägypten der erste Comicroman arabischer Sprache. «Metro» lautete der Titel der urbanen Story, die sich um Alltagsfrust, einen Bankraub und korrupte Beamte im heutigen Kairo dreht. Shihab, ein junger IT-Ingenieur raubt eine Bank aus und versteckt das Geld in der Metro. Das eigentliche Problem aber stellt sich, als er den Ausweg aus dem Tunnelsystem finden soll. Eine Frage, die im übertragenen Sinn auch viele junge Ägypter beschäftigt. Der Verlag liess 1000 Stück drucken und verteilte 700 davon an die Buchläden.

Zwei Wochen nach der Veröffentlichung stürmten Beamte in Zivil die Verlagsbüros, beschlagnahmten Akten und konfiszierten die verbleibenden 300 Exemplare von «Metro». Kurz darauf wurden der 47-jährige Comicautor Magdy El Shafee und sein junger Verleger Mohamed Al Sharkawy verhaftet und einen ganzen Tag verhört. Der Vorwurf: «Metro», in dem auch ein paar blanke Brüste und Flüche vorkommen, gefährde die öffentliche Moral. Allerdings gab es im Jahr 2008 noch kein entsprechendes Verbot. Das kam ein Jahr später, zusammen mit der offiziellen Anklage gegen Autor und Verleger.

Pressefreiheit exisistiert nicht

Diese vermuten jedoch, dass es beim Prozess nicht um Moral, sondern Politik gehe. El Shafee macht kein Geheimnis draus, dass er das politische System Ägyptens für korrupt und unmenschlich hält. Gegenüber der «taz» beklagte er, dass die jungen Leute in einem solchen Klima verlernten, eigenständige Ideen zu entwickeln, wie er bei einem jüngst durchgeführten Comic-Workshop feststellte. In Ägypten herrscht seit 1981 der Ausnahmezustand, Pressefreiheit existiert nicht und Oppositionelle landen immer wieder hinter Gittern.

Vielleicht bald auch Comiczeichner. Kommenden Samstag soll das Urteil über Magdy El-Shafee gesprochen werden. Eine Verurteilung wäre für die ägyptische Comicszene wohl vernichtend. In England ist «Metro» dieser Tage erschienen, an einer Ausgabe für den Libanon wird gerade gearbeitet. Und Magdy El-Shafee macht weiter. Im Sommer will er sein nächstes Buch anfangen: «Das schreibe ich zur Not auch im Gefängnis.» (bazonline.ch/Newsnetz)

Erstellt: 15.04.2009, 14:43 Uhr