Beitragvon coralia » 06.12.2008, 00:36
Verständnis für seine Lage hatte ich ja immer und habe ich auch heute noch. Ich möchte mein Leben auch nicht ohne einen vernünftigen Job in Lagos verbringen, wer will das schon. ich glaube, das können wir hier im Sozialstaat, wo uns der Hintern nachgetragen wird, nicht mal ansatzweise nachvollziehen, was sich in solchen Ländern abspielt, was für Zukunftsaussichten die Leute da haben, mit welchen Problemen sie täglich zu kämpfen haben. Natürlich wollte er weg. Und natürlich wollte er nicht ein zweites Mal zu Fuß durch die Wüste nach den Strapazen der ersten Reise. Auch verständlich. Und dann geht man vielleicht sogar so weit, einer Frau etwa vorzuspielen. man hat vielleicht nur das ziel im blick, ich will raus, um moralische rechtfertigung kümmer ich mich später.
aber dann kommt irgendwann der zeitpunkt, als er sein ziel erreicht hatte, raus zu kommen, wo man mal nachdenken muss, ob man sich wirklich immer noch richtig verhält. ob es nicht an der zeit wäre, jetzt, wo man das ticket eingelöst hat, mal aus dem zug auszusteigen, statt weiter schwarz mit zu fahren, während der partner die zeche allein zahlen muss. er hatte mehrere optionen, er hätte mir sagen können, danke, dass du mich bis hierher unterstützt hast, ich bin jetzt weg, alles gute. er hätte sagen können, pass auf, ich habe dir nicht die ganze wahrheit gesagt vor der hochzeit, ich hatte angst, dass du dann die fliege machst, so und so sind die fakten, karten auf den tisch. (hätte er das getan, wäre ich bestimmt furchtbar enttäuscht gewesen, aber ich hätte ihn nicht verlassen, da bin ich ziemlich sicher). die dritte option wäre gewesen, mir nichts zu sagen, aber seinen a*rsch auch aus dem bett der anderen frau fernzuhalten und sich ihr gegenüber klar zu mir zu bekennen.
keine dieser optionen hat er gewählt. er ist hin und her gesprungen. hat sich aus jeder situation das beste herausgepickt bzw. sich alle möglichkeiten offen gehalten. und dafür bringe ich nicht das geringste Verständnis auf, weil es feige, gemein und egoistisch und gierig ist. das hat nichts damit zu tun, dass man einer unerträglichen situation entkommen will, sondern das ist schlicht und ergreifend Charakterschwäche. Ich denke schon, dass es so ist, wie mir eine Freundin von ihm gesagt hat "glaub bloß nicht, dass sein Verhalten hier bei uns anerkannt wird. das ist bei uns genauso falsch wie bei euch." und das glaube ich auch. vielleicht ist der umgang mit so einer situation ein anderer, ich kann mir beim besten willen nicht vorstellen, dass meine freunde und meine FAmilie bei so einem Schmierentheater mitgemacht hätten, aber das mag im Einzelfall unterschiedliche Gründe gehabt haben, das ist mir auch ehrlich gesagt völlig egal.
fakt ist: ein Mensch, der sich abends mit mir ins Bett legt, mich in den Arm nimmt, mir ins Ohr flüstert, dass er so froh ist, dass wir endlich zusammen sein können, dass er sich so wohl fühlt wie noch nie zuvor, und dass er sich ein Kind von mir wünscht ... wenn dieser Mensch die Nacht zuvor im Bett mit einer anderen Frau verbracht hat (die er allerdings am Nachmittag zuvor noch verprügelt hat, weil sie von ihm eine Entscheidung gefordert hat) und mir von dort aus, während sie nach der Versöhnung und den Liebesbeteuerungen neben ihm lag und schlief, eine sms geschrieben hat, in der steht, dass er mich liebt und dass er mich endlich wieder zum einschlafen in den arm nehmen will, dann hat dieser Mensch in meinem Leben definitiv keinen Platz. Und da ist völlig egal, was derjenige vorher erlebt hat. Er hätte sich für eine Option entscheiden müssen, spätestens als er in Europa war. Er hat es nicht gemacht, damit ist die Sache für mich erledigt. Eins steht felsenfest: wenn mich diese Frau nicht angerufen hätte, wüsste ich heute noch nicht, was los ist und wäre vielleicht schon schwanger. ich habe ihn mehrfach nach dieser frau gefragt, weil ich ja wusste, dass sie seine exfreundin ist. er hat gesagt, er sei froh, dass diese frau aus seinem leben verschwunden sei, er habe viel zu spät erkannt, was für ein schlechter mensch sie ist. das sagt er über seine eigene ehefrau.
es macht mich wahnsinnig, dass ich mit so einem schwächling verheiratet war und dass ich so blind gewesen bin.
coralia